Raus aus dem Funkloch: Amateurfunk-Antenne auf dem Dach der Stadtwerke verbindet Weimar mit der Welt
In Zeiten von Internet und Handy ist die Funktechnologie im öffentlichen Bewusstsein nicht mehr so präsent wie früher. Doch beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass Funk heute aktueller ist denn je: Moderne Autos sind mit gut zwei Dutzend Antennen ausgestattet, Fahrplananzeigen von Bussen wären ohne Funk nicht denkbar – und bis heute verlassen sich Rettungsdienst und Polizei lieber auf das Funkgerät als auf das Handy. Auch bei den Stadtwerken Weimar wird ein Funksystem für den Notfall bereitgehalten: Damit selbst bei großflächigen Stromausfällen die Leitstelle weiter mit den Trafostationen kommunizieren kann. „Zum Glück haben wir das noch nie gebraucht – es ist aber gut zu wissen, dass wir für alle Notfälle vorbereitet sind“, erklärt Michael Kother, Monteur bei dem Tochterunternehmen der Stadtwerke Weimar, der ENWG Energienetze Weimar GmbH & Co. KG
Neue Antenne verbindet Weimarer Funker mit der Welt
Seinem Engagement ist es letztlich zu verdanken, dass Weimar nun auch im Bereich Amateurfunk einen Quantensprung gemacht hat. „Für Funksignale ist Weimar eher ungünstig gelegen“, erklärt der passionierte Funkamateur bei der Besichtigung der neuen Antenne auf dem Dach der Zentrale der Stadtwerke in der Industriestraße. Durch die Lage der Stadt im Talkessel der Ilm kommen Funksignale maximal 20 Kilometer weit. Mit der Relaisstation können Funkamateure nun in ganz Deutschland Funkgespräche führen, von Garmisch Partenkirchen bis nach Rügen. Die Anlage funktioniert so ähnlich wie ein Repeater beim WLAN: Die Signale werden vom Relais aufgenommen und teils auch über das Internet an andere Stationen weitergeleitet. „Mir war es wichtig, eine einfache analoge Funklösung für ‚mein‘ Weimar einzurichten.“ Den Reiz, den das komplexe Zusammenspiel aus Verstehen, Verändern und Selbstbauen von Technik ausmacht, bringt Michael Kother gerne auf eine – nicht ganz ernst gemeinte – einfache Formel: „Der Amateurfunk ist ein Hobby für alle, die nicht verblöden möchten.“ Tatsächlich birgt das Hobby, das mit dem Erstarken der neuen digitalen Technologien etwas in Vergessenheit geraten ist, viele Möglichkeiten: Einmal bis nach Neuseeland funken, die Raumstation ISS erreichen oder mit möglichst wenig Batterieleistung so weit wie möglich senden: Die Gründe, die den Amateurfunk auch in Zeiten von Internet und Handy aktuell halten, sind vielfältig.
Mit dem Technikvirus angesteckt
Mit dem Technikvirus angesteckt hat sich der gelernte Gasmonteur, der bereits seit 1986 bei den Stadtwerken Weimar und deren Vorgängerunternehmen beschäftigt ist, bereits als Zehnjähriger. Bei seinem ersten Besuch in Westdeutschland nach der Wiedervereinigung hatte er sich in Frankfurt ein CB-Funkgerät gekauft und das Hobby immer weiter ausgebaut. Bald darauf absolvierte er die Prüfung für die kleinere E-Klasse, gleich im Anschluss die große A-Klasse für Amateurfunk. Für eine Lizenz müssen 52 Aufgaben aus einem Fragenkatalog von über 1.000 Fragen rund um die Funktechnik, Betriebstechnik und Vorschriften bei der Bundesnetzagentur beantwortet werden. Bei der Geschäftsführung stieß Michael Kother mit seiner Idee, Weimar aus dem Amateur-Funkloch zu holen, gleich auf offene Ohren. Im Mai 2019 ging die neue Relaisstelle mit dem Rufzeichen DB0GSW in Betrieb – der hintere, frei wählbare Teil der Kennung steht für „Goethe Schiller Weimar“. Und obwohl die Amateurfunkszene weltweit immer älter wird, hat Michael Kother schon andere Kollegen mit der Begeisterung für den Amateurfunk angesteckt: Zwei junge Weimarer ergänzen heute die etwa 30 Funker umfassende Community. „Ich kann dieses Hobby nur jedem empfehlen, es ist eine riesige technische Spielwiese – vom Morsen mit Tasten über den Selbstbau von Technik bis hin zu Erde-Mond-Erde-Verbindungen, bei denen der Mond als Reflektor für Signale verwendet werden kann, gibt es unzählige Möglichkeiten.“
Der Artikel stammt aus dem neuen Kundenmagazin der Stadtwerke Weimar. Hier können Sie die gesamte Ausgabe online lesen.