Schritt für Schritt zur Grünen Fernwärme
Mit einer Solarthermieanlage in der Humboldtstraße vollziehen die Stadtwerke Weimar den ersten Schritt auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeerzeugung.
Das ehemalige Braunkohle-Heizwerk in der Humboldtstraße ist ein unscheinbarer Typenbau aus den 80er-Jahren. Damals versorgte es die sechs Mehrfamilienhäuser gegenüber, in denen bis heute rund 150 Wohnparteien leben, mit Wärme. In den 90er-Jahren lösten gasbetriebene Brennwertkessel die Braunkohle ab. Weder von außen noch von innen gibt es Hinweise auf die zentrale Bedeutung, die das Gelände schon bald erhalten wird – wenn hier die ersten Schritte auf dem Weg in die Zukunft von Weimars Wärmeversorgung getan werden. „Auf der Freifläche planen wir eine etwa 700 Quadratmeter große Solarthermieanlage für unser grünes Fernwärme-Konzept“, erklärt Ludwig Müller, Fernwärmeleiter der Stadtwerke Weimar. Bereits 2026 soll die Anlage in Betrieb gehen. Mittels einer Modellanlage kann er das Prinzip sehr anschaulich verdeutlichen.
Das ehrgeizige Ziel: Nachhaltige Fernwärme
Hochmoderne Kollektoren und eine spezielle Beschichtung fangen selbst geringe Mengen Sonnenlicht ein und erzeugen damit Wärmeenergie. Das warme Wasser fließt dann in einen 50 Kubikmeter fassenden Wärmespeicher. Die tagsüber gesammelte Energie reicht aus, um die sechs Gebäude abends und morgens mit grüner Fernwärme zu versorgen. Am nächsten Tag werden die Speicher wieder neu mit warmem Wasser gefüllt. Im Sommer soll diese Anlage 100 Prozent des Bedarfs decken, über das restliche Jahr zur Senkung des Erdgasverbrauchs beitragen. Im Jahresverlauf soll der solare Deckungsanteil bei etwa 18 Prozent liegen. Doch das sei nur der Anfang, erklärt Ludwig Müller: „Die Erfahrungen, die wir hier sammeln, sind der erste Schritt zu einer grünen Fernwärmeversorgung für die ganze Stadt – und eine wichtige Gelegenheit, mehr Praxiswissen über die technischen Möglichkeiten und Herausforderungen zu sammeln.“
Drei Säulen für die Klimaneutralität
Der Zeitplan für die klimaneutrale Energieerzeugung ist angesichts der vielen Herausforderungen durchaus ehrgeizig: Laut den Vorgaben der Bundesund Landesregierung soll Weimar bis 2040 nahezu klimaneutral beheizt werden. Ein erstes Zwischenziel ist eine Klimaneutralität von 30 Prozent bis 2030. Ohne eine wohlüberlegte Planung und viel Fachkompetenz lassen sich diese Ziele nicht erreichen. Das Konzept für die grüne Fernwärmeversorgung, das von den Energie-Experten im Unternehmen stetig weiterentwickelt und optimiert wird, bildet den Fahrplan in die Zukunft. Drei Bausteine auf diesem anspruchsvollen Weg zeichnen sich schon jetzt ab: Neben der Solarthermie mit einem großen Saisonalspeicher sollen die Abwasserwärme der Kläranlage und wasserstoffbetriebene Spitzenkessel genutzt werden, um Weimars Fernwärme nachhaltig zu machen. Im Zuge der Umstrukturierungen werden in Zukunft voraussichtlich auch die vier großen, bislang als Inselnetze betriebenen Fernwärme-Standorte zusammengeschlossen. Spannendes Neuland ist vor allem der Saisonalspeicher – ein etwa elf Meter tiefes Becken in der Größe eines Fußballfelds, das die erzeugte Wärme über längere Zeit speichert. „Mit dieser Technologie gibt es bisher wenig Erfahrung, weil es in ganz Deutschland aktuell erst einen solchen Speicher gibt“, erklärt der Experte.
Sorgenfrei dank Fernwärme
Für die Abnehmer der Fernwärme – aktuell rund ein Viertel der Weimarer Haushalte – ändert sich durch die Umstellung aus technischer Sicht nichts. „Fernwärme ist nach wie vor ein System mit sehr hoher Betriebssicherheit“, erklärt Ludwig Müller. Um Umweltauflagen kümmerten sich die Stadtwerke Weimar als Betreiber ebenso wie um den 24-Stunden-Dienst in Notfällen. Angesichts der anstehenden Aufgaben lohne es sich deshalb für Privatleute, über einen Anschluss des eigenen Hauses an das Fernwärmenetz nachzudenken. In jedem Fall kann bei den Stadtwerken angefragt werden, ob am eigenen Standort ein Anschluss an das Fernwärmenetz möglich ist.
Der Artikel stammt aus dem neuen Kundenmagazin der Stadtwerke Weimar. Hier können Sie die gesamte Ausgabe online lesen.